Dass man bei Cryptowährungen von weitgehend sinnloser Energieverbrennung à la Bitcoin wegkommen möchte, ist sicherlich erstmal löblich. Die Erkenntnis hat ja auch lange genug gedauert.
Dass BOINC sich nicht flächendeckend im Einsatz befindet hat - aus meiner Sicht - zu tun mit der (leider und unnötigerweise) gesellschaftsbestimmenden Frage: "Was hab' ich davon?"

Insofern kann man der Ansicht sein, dass die Kombination von BOINC - bzw. genauer gesagt Distributed Computing - mit einer monetären Belohnung zu einer stärkeren Beteiligung führen könnte. Ob das tatsächlich so ist oder es zumindest einen Trend dahin gibt, ließe sich zumindest ansatzweise evt. aus einem Vergleich der non-Gridcoin vs. Gridcoin DC Communitygröße ableiten - auch wenn Gridcoin anders funktioniert als IOTA.
Jetzt nehmen wir mal an, das IOTA-System würde tatsächlich zu der besten Lösung für DC entwickelt. Dann wissen wir trotzdem, dass die besten Systeme stets den verbreitetsten unterlegen sind - und das ist derzeit BOINC. Man sieht das recht gut daran, dass non-BOINC DC-Clients eigentlich kaum noch eine Verbreitung haben, seien sie so gut entwickelt, wie man will. Weitere prominente Beispiele in dieser Kategorie sind Windows vs. Linux oder M$ Word vs. Libre Office.
Eine weitere Frage ist für mich technischer Natur: Soweit ich das beim groben Überfliegen verstehe, werden da einfach irgendwelche Apps gegen Bezahlung "deployed". Was ist mit Jobs, die nicht Checkpointing-fähig sind und deren Defizit durch komplexere Ansätze, wie Virtualbox gelöst wird? Wie soll die massenhafte automatisierte Verteilung von Jobs laufen? Kurz: Da muss dahinter dann doch trotzdem wieder eine serverseitige Steuerinfrastruktur stehen die dieses IOTA-System "befeuert"? Ist das dann nicht doppelt gemoppelt?
Und wie redundant sollen die Jobs in IOTA dann sein? Mathematische DC-Projekte benötigen z.T. überhaupt keine Redundanz - es würde also wieder unnötig Strom verbraten.
Vor allem aber ist des Pudels Kern der Kommerzialisierungsansatz:
WENN alle Betreiber von DC-Projekten ausreichend Ressourcen hätten, könnten sie auch heute schon HPC anmieten oder sonstwie Rechenzeit kaufen. Haben sie aber nicht. Sie sind drauf angewiesen, dass Menschen im altruistischen Geiste den Sinn bzw. gar die Notwendigkeit sehen, UNENTGELTLICH zum Gelingen des jeweils unterstützten Projekts beizutragen. Und viele Forscher liefern im Gegenzug eine saubere Betreuung ihrer Userbase über ein wissenschaftlich fundiert betriebenes Diskussionsforum - das macht nach meiner Einschätzung etwa 50% des Arbeitsbetriebs eines DC-Projekts aus, wenn man es gut macht.
Es hat sich darüber hinaus gar eine Hobby- und Wettkampfkultur um DC herum etabliert.
Kurz: Die Mehrzahl der heutigen DC-Betreiber wird keine Vergütung, sei es Geld oder IOTA ausschütten können.
Jetzt wurde von Tholo oben gesagt, man könne über das IOTA-System die Jobs auch unbezahlt einspeisen. Mag schon sein, aber wird dann nicht die Berechnung dieser Jobs im Verhältnis zu den vergüteten Jobs vermutlich recht ähnlich sein der heutigen Verbreitung von BOINC?
Wenn dem so ist und die oben genannten technischen Bedenken gelöst sind, dann passiert eigentlich nichts weiter, als dass BOINC als Middleware von etwas anderem abgelöst wird - ansonsten tut sich aber wenig.
Was ich mir vorstellen könnte ist allerdings, dass durch ein Cryptowährung die öffentliche Aufmerksamkeit für DC verbesserrt wird. Das wäre dann schon ein Mehrwert. Aber können wir nicht als Verein in diese Richtung einfach noch etwas mehr tun, indem mehr Leute - insbesondere in Sachen Öffentlichkeitsarbeit - mitmachen?
Nur damit da keine Misverständnisse aufkommen: Ich finde die Entwicklungen im Cryptowährunsgbereich hochinteressant und begrüße durchaus auch eine Kopplung an eine VergütungsMÖGLICHKEIT. Nur wird diese kaum genutzt werden können - von den bisherigen Projektbetreibern.
Hinzukommen werden vermutlich einige Pharmafirmen, die heutzutage eigene Rechenzentren in Form von HPC-Farmen für Docking- und MD-Simulationen betreiben. Die sourcen dann den Hardwareunterhalt und die Stromkosten einfach aus und kommen am Ende günstiger weg.
Michael.